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Kommunikation bei Demenz
Eine blaue und eine orangene Sprechblase.

Umgang mit Demenz – Kommunikationsregeln bei beginnender und fortgeschrittener Demenz

Demenz ist eine Krankheit, die einschneidende Veränderungen mit sich bringt. Sie beeinträchtigt das Denken, Fühlen und Verhalten der Erkrankten. Oft hat man das Gefühl, dass Demenzkranke in ihrer eigenen Welt leben. Mitteilen können Sie sich oft nur noch am Anfang der Erkrankung. Deshalb ist es umso wichtiger, dass pflegende Personen Verständnis für die Krankheit und den Betroffenen entwickeln und so ein Gefühl dafür bekommen, was die erkrankte Person will und braucht. Da sich die erkrankte Person nicht mehr an die Realität anpassen kann, müssen sich pflegende Personen gedanklich zum Teil in die Welt der Erkrankten hineinbegeben.

Autor: Prof. Dr. Martin Przewloka

Zuletzt bearbeitet am 31.01.2023 von: Bettina Morich (Redakteurin)

Inhaltsverzeichnis
  • Ausgangssituation
  • Wissen einholen
  • Wissen anwenden
  • Hilfe finden
  • FAQ
Ausgangssituation

Anfang der Erkrankung - Schon zu Beginn der Demenz Kommunikationsregeln- und Muster anwenden und erkennen

Mann fast sich an den Kopf und schaut ängstlich

Am Anfang der Erkrankung merken die Betroffenen noch, dass sie vergesslicher werden und dass die Dinge nicht mehr so wie früher funktionieren. In dieser Phase versuchen die Betroffenen sich gegen die Krankheit zu wehren. Sie haben Angst und schämen sich. Die einen verhalten sich aggressiv, die anderen ziehen sich ganz in sich zurück. Je weiter die Krankheit fortschreitet, desto weniger können die Betroffenen ihre Bedürfnisse klar äußern. Sie wirken verwirrt, orientierungslos, ängstlich, in der Vergangenheit lebend. Sie scheinen in ihrer eigenen Welt zu sein und benötigen Hilfe. Sie vergessen zu essen, kleiden sich nicht mehr angemessen oder beschimpfen ihre Angehörigen. Das Wichtigste, das sich pflegende Angehörige immer wieder bewusst machen müssen, ist, dass die Erkrankten dies nicht absichtlich tun oder sie ärgern wollen. All dies sind Symptome der Krankheit, denen die Erkrankten ausgeliefert sind.

Trotz allem Verständnis ist es manchmal schwer, angemessen auf das Verhalten der Erkrankten zu reagieren. Gerade herausforderndes Verhalten löst bei Angehörigen oft ein Gefühl von Hilfslosigkeit aus. Manche Erkrankten sind zum Beispiel felsenfest davon überzeugt, dass sie jemand beklaut und lassen sich nicht davon abbringen. Andere wollen ständig „nachhause“, obwohl sie zuhause sind.


Wissen einholen

Die goldenen Demenz-Kommunikationsregeln

Computer mit Wolke darüber, die eine Lupe enthält

Die Kommunikation mit Demenzkranken ist also nicht immer einfach, ein normaler Umgang fällt oft schwer. Hören Sie als Angehörige den Betroffenen zu, auch wenn Sie nicht alles verstehen, was sie sagen. Korrigieren Sie sie nicht, wenn sie etwas „falsches“ sagen. Demenzkranke sind nicht mehr in der Lage neues zu erlernen, man kann sie nicht mehr „erziehen“. Versuchen Sie, die Betroffenen mit ihren Einschränkungen zu verstehen und nehmen Sie sie ernst. Benutzen Sie einfache Sprache, behandeln Sie die Erkrankten aber nicht wie ein Kind. Wissen über die Krankheit erleichtert den Umgang mit Erkrankten ungemein. Je mehr Sie über die Krankheit wissen, desto leichter fällt Ihnen der Umgang mit den Erkrankten. Dennoch ist man als Angehöriger emotional sehr nah an den Erkrankten, hatte und hat oft enge verwandtschaftliche Beziehungen zu ihnen – somit fehlt einem oft die nötige Distanz, um immer geduldig und verständnisvoll zu reagieren. Keiner verlangt, dass Sie immer richtig reagieren! Wenn Sie jedoch merken, dass Sie sich und dem Erkrankten auf Dauer nicht mehr gerecht werden können, weil Sie immer gestresst sind und / oder sich hilflos fühlen, suchen Sie sich Hilfe! Bei ambulanten Pflegediensten, Alltagsbegleitern oder über den Austausch mit anderen pflegenden Angehörigen finden Sie Hilfe und Unterstützung.

Wissen anwenden

Die Schwierigkeiten bei Demenz-Kommunikation

Zwei Männer, einer mit Sprechblase über dem Kopf, der andere mit Fragezeichen

Validation ist ein Konzept, das von der amerikanischen Sozialarbeiterin Naomi Feil für eine erleichterte Kommunikation mit Demenzkranken entwickelt wurde. Das Wort validieren bedeutet auch „etwas für rechtsgültig erklären“ und genau darum geht es. Der Grundsatz der Validation ist, das Gesagte zu akzeptieren und nicht zu korrigieren oder als falsch anzusehen. Denn im Kopf des Demenzkranken ist das Gesagte wahr und real. Im Folgenden haben wir das Wichtigste der Validation für Sie zusammengetragen:

1. Sprechen Sie klar und deutlich. Verwenden Sie kurze Sätze und schauen Sie die Betroffenen beim Reden an. Stellen Sie zudem keine komplizierten Fragen. Geeigneter sind Fragen, die mit ja oder nein zu beantworten sind oder die mit wann, wie, wo oder wer anfangen. Fragen mit warum oder wieso führen zu Überforderung. Geben Sie den Betroffenen Zeit zum Antworten und vermeiden Sie Hektik. Auch kann es helfen „Oder“-Fragen zu stellen, die die Antwortmöglichkeiten schon beinhalten.


Beispiel: Wenn Sie ein Gespräch anstoßen wollen und zum Beispiel fragen möchten wie lange die erkrankte Person schon im Pflegeheim lebt, können Sie anstatt „Wie lange leben Sie schon im Pflegeheim?“ fragen: „Leben Sie schon lange oder erst seit kurzem im Pflegeheim?“

2. Achten Sie nicht nur darauf was Sie sagen, sondern auch wie Sie es sagen. Logische Erklärungen werden die Betroffenen wahrscheinlich nicht mehr verstehen. Gibt man ihnen jedoch mit Mimik, Gestik und dem richtigen Tonfall zu verstehen, dass man sie versteht und ihnen wohlgesonnen ist, kann sie das sehr beruhigen und als Antwort ausreichen.


Beispiel: Ihre Frau möchte nachhause, obwohl sie eigentlich zuhause ist. Anstatt ihr dies zu erklären, versuchen Sie sie auf der Gefühlsebene zu verstehen. Sie können Sie dann zum Beispiel fragen, ob ihre Eltern sehr streng waren. Vermutlich lebt sie nämlich in der Vergangenheit und denkt an ihr früheres Zuhause. Vielleicht waren ihre Eltern sehr streng und sie hat oft Ärger bekommen, wenn sie nicht rechtzeitig zuhause war.

3. Widersprechen Sie den Erkrankten nicht. Sie haben ihre eigene Realität. Versuchen Sie, dies zu akzeptieren und vermeiden Sie den Versuch, die Erkrankten in Ihre Welt bzw. in die Realität zurückzuholen. Es wird nicht gelingen.


Beispiel: Ihr Mann ist an Demenz erkrankt. Oft steht er nachts auf und will zur Arbeit gehen. Sie sagen ihm, dass es mitten in der Nacht ist und er seit 10 Jahren nicht mehr arbeitet. Dies wird den Wunsch „arbeiten gehen“ zu wollen jedoch nur verstärken. Nutzen Sie das Wissen der Validation und fragen sie zum Beispiel als was er gearbeitet hat oder äußern Sie Verständnis, indem Sie zum Beispiel sagen: „Ich kann Dich verstehen. Die Arbeit war immer sehr wichtig für Dich.“ So sorgen Sie eher dafür, dass der Wunsch des Betroffenen sich auflöst und er ruhiger wird.

Hilfe finden

Hilfe einholen und Routine finden

Sechs bunte Hände im Kreis angeordnet

Der wichtigste Punkt beim Umgang mit Demenzkranken ist die Akzeptanz. Alles andere lässt sich im Laufe der Zeit erlernen. Nehmen Sie sich diese Zeit.

Weitere Hilfen finden Sie online beim Bundesministerium für Gesundheit. Dort gibt es auch einen Online-Ratgeber für Demenz sowie einige Tipps zu herausforderndem Verhalten wie Herumlaufen, wirklichkeitsfremde Überzeugungen und aggressivem Verhalten.

Hilfe bekommen Sie außerdem bei verschiedenen Beratungsstellen oder über das Alzheimer-Telefon der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e.V., welches Sie Montag bis Donnerstag von 9 bis 18 Uhr, Freitag von 10 bis 12 Uhr, unter der Telefonnummer 030 259379514 erreichen.

Um ein Verständnis für die Krankheit Demenz und den Umgang mit Betroffenen zu bekommen, gibt es außerdem einen kostenfreien E-Learning Kurs des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Tipps im Überblick:

  1. Ruhe bewahren und geduldig sein!
  2. Sich in den Erkrankten hineinversetzen! Er tut dies nicht, um Sie zu ärgern. Nehmen Sie Gesagtes nicht persönlich.
  3. Mit Gefühlen und nicht mit dem Verstand antworten! Den Betroffenen nicht korrigieren!
  4. Dem Erkrankten deutlich machen, dass Sie ihn verstehen!

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FAQ

Häufig gestellte Fragen – Umgang und Kommunikation mit Demenzkranken

Was kann ich tun, wenn die erkrankte Person behauptet, sie sei bestohlen worden?

Versuchen Sie ruhig zu reagieren, auch wenn die erkrankte Person dies immer und immer wieder behauptet. Versuchen Sie nicht ihr zu erklären, dass die Behauptung aus verschiedensten Gründen nicht stimmen kann. Besser ist es den Satz umzuformulieren bzw. zu wiederholen und evtl. weitere Fragen zum Thema zu stellen. Fragen Sie zum Beispiel „Dein Schmuck ist verschwunden?“ oder „War der Schmuck schön?“. So können Sie das Gespräch auf etwas Positives lenken. Hilfreich ist es auch, der erkrankten Person zu vermitteln, dass Sie sie verstehen. Versuchen Sie herauszufinden, wie sich die Person fühlt. Nimmt Sie an beklaut worden zu sein, ist sie vermutlich wütend, traurig oder ängstlich. Sagen Sie dann Dinge wie: „Ich kann verstehen, dass du verärgert bist.“

Was kann ich tun, wenn die erkrankte Person immer wieder nachhause will, obwohl sie zuhause ist?

Versuchen Sie auch hier auf der Gefühlsebene zu argumentieren und nicht, der betroffenen Person zu erklären, dass sie doch zuhause ist. Fragen Sie zum Beispiel, wer zuhause ist oder wie die Eltern der erkrankten Person waren. So ergibt sich oft ein Gespräch und Sie erfahren, warum der Betroffene nachhause will. Oft leben die Erkrankten in der Vergangenheit. Wenn die Eltern früher sehr streng waren und der Betroffene als Kind oft Angst hatte, dass er Ärger bekommt, wenn er es nicht rechtzeitig nachhause schafft, kann es sein, dass er nun immer noch Angst hat, weil er in diesen früheren Situationen lebt. Falls dies der Fall ist, können Sie sagen: „Ich kann verstehen, dass du ängstlich bist.“

Die erkrankte Person verhält sich oft aggressiv. Was kann ich tun?

Versuchen Sie ruhig zu bleiben und denken Sie an Ihre eigene Sicherheit. Halten Sie sich Wege offen, über die Sie flüchten können und beachten Sie, dass die erkrankte Person Sie festhalten oder sogar verletzen könnte. Vermeiden Sie es, die Betroffenen zu provozieren oder zu bedrängen. Achten Sie auch darauf, in welchen Situationen die Betroffenen aggressiv reagieren und versuchen Sie herauszufinden, welche Gründe dieses Verhalten haben könnte. Es kann zum Beispiel sein, dass Sie dem Erkrankten gerade Essen anreichen wollen, er sich aber weigert zu essen und anfängt, um sich zu schlagen. Vielleicht denkt der Erkrankte, dass er gerade schon gegessen hat und versteht nicht, warum er schon wieder essen soll. Zwingen Sie Ihn nicht dazu, sondern stellen Sie das Essen beiseite und versuchen es später erneut. Wenn dies zum Regelfall werden sollte und Ihr Angehöriger über eine längere Zeit nicht essen möchte und dazu noch stark an Gewicht verliert, wenden Sie sich bitte an einen Arzt.

Mit dem Demenzkranken ist kein normales Gespräch mehr möglich. Was kann ich tun?

Beim Betroffenen ist die Erkrankung nun so weit fortgeschritten, dass Sie kein „normales“ Gespräch mehr führen können. Dies ist traurig, muss aber hingenommen werden. Versuchen Sie, sich so gut wie möglich mit der neuen Situation zu arrangieren. Der Erkrankte ist zwar noch der gleiche Mensch wie früher, hat sich aber stark verändert und wird dies auch weiter tun. Achten Sie darauf, dass Sie noch genügend soziale Kontakte haben und diese auch pflegen. Denn Ihre eigenen Bedürfnisse nach Gesprächen sind wichtig und dürfen durch die Erkrankung nicht vergessen gehen. 

Der Demenzkranke spricht nicht mehr. Was soll ich tun?

Versuchen Sie den Erkrankten zu aktivieren. Ideen wie Sie dies machen können finden Sie im 1A-Wegweiser.


Prof. Dr. Martin Przewloka PortraitProf. Dr. Martin Przewloka
Über den Autor:

Prof. Dr. Martin Przewloka hat im eigenen familiären Umfeld umfangreiche Erfahrungen mit dem Thema Pflege gesammelt und teilt sein Wissen über verschiedene Kanäle mit anderen pflegenden Angehörigen. Durch seinen Universitätsabschluss in Medizinischer Physik (Universität Kaiserslautern) versteht er zudem die gesundheitlichen Hintergründe der unterschiedlichen Erkrankungen und kann sich in die Lage der Pflegebedürftigen hineinversetzen.

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