Wenn der Pflegefall eintritt, entscheiden sich viele Angehörige dazu, ihre Liebsten im eigenen Zuhause zu pflegen. Ohne diesen Einsatz wäre das Gesundheitssystem schon lange überlastet, denn beinahe ¾ der zu Pflegenden werden ambulant versorgt. Doch für die Angehörigen ist diese Situation oft eine hohe Belastung. Auch, wenn viele Menschen diese Aufgabe gerne übernehmen: Pflege kann körperlich und psychisch sehr anstrengend sein. Das bleibt in der Regel nicht ohne Folgen, in vielen Fällen entstehen durch Überlastung und Verspannung Schmerzen. Häufig ist der untere Rücken betroffen. Die Schmerzen können zum einen eine klare Ursache haben, die sich behandeln lässt, oft bleibt die Ursache jedoch unklar, sodass lediglich die Symptome behandelt werden können.
Nicht nur bei Pflegenden sind Rückenschmerzen weit verbreitet. Durch Krankheit oder zu geringe Bewegung sind zudem auch die gepflegten Personen oft betroffen. Doch was tun bei Schmerzen im unteren Rücken?
Achtung: Dieser Artikel dient lediglich der Information, er ersetzt keinen Arztbesuch und ist nicht zur Diagnose geeignet
Autor: Prof. Dr. Martin Przewloka
Zuletzt bearbeitet am 5.07.2022 von: Bettina Morich (Redakteurin)
Lumbamed | Quelle: medi
Es gibt verschiedene Arten von Schmerzen. Dabei geht es nicht nur um die Art des Schmerzes an sich, also die Intensivität oder ob es sich beispielsweise um stechende Schmerzen handelt, sondern auch um die Ursache. Unterschieden wird dabei in spezifische und unspezifische Rückenschmerzen.
Die spezifischen Rückenschmerzen weisen auf ein konkretes Problem hin. Oft verbirgt sich hier eine Erkrankung oder Verletzung. Eine mögliche Ursache ist beispielsweise ein Bandscheibenvorfall. Aus diesem Grund sollte bei Schmerzen immer ein Arzt aufgesucht werden. Nur dieser kann erkennen, ob es eine Ursache gibt. Wird eine klare Ursache gefunden, kann eine entsprechende Behandlung eingeleitet werden.
Auch unspezifische Schmerzen können behandelt werden. Jedoch liegt hier keine klare Ursache vor. Mögliche Gründe für die Schmerzen können von psychischen Problemen bis hin zu falschen Bewegungen reichen. Diese Ursachen sind für Ärzte teilweise nicht erkennbar, weshalb hier nur die Symptome behandelt werden.
Wenn sich Schmerzen bemerkbar machen, sollte ein Allgemeinmediziner oder Orthopäde konsultiert werden. Dieser wird durch verschiedene Untersuchungsmöglichkeiten versuchen, eine Diagnose zu stellen. Es gibt zahlreiche Erkrankungen, die zu Schmerzen im unteren Rücken führen können, die nicht direkt auf die Pflege zurückzuführen sind. Ein nicht unerheblicher Anteil der pflegenden Angehörigen und zu pflegenden Personen leiden jedoch ebenfalls darunter. So kann es beispielsweise durch die Dauerbelastung zu Problemen im Rücken, beispielsweise einem Bandscheibenvorfall, kommen oder eine Fehlbelastung löst akute Schmerzen aus. Aber auch andere Ursachen sind denkbar. So können zum Beispiel auch Depressionen zu schmerzhaften Muskelverspannungen führen.
In vielen Fällen können die Schmerzen auf einfachem Weg, also durch Bewegung oder den Einsatz von Orthesen und Bandagen gelindert werden. Ihr Arzt wird Sie entsprechend beraten.
Es gibt natürlich nicht nur eine Behandlung von Rückenschmerzen. Je nach Ursache kann die eine oder die andere Behandlung sinnvoller sein. Die Behandlung sollte immer in Absprache mit einem Arzt erfolgen. Dieser wird die Therapie auf den persönlichen Krankheitsverlauf und Lebensstil anpassen.
Lumbamed | Quelle: medi
Früher herrschte der Glaube, dass sich bei Rückenschmerzen möglichst viel geschont werden muss. Bewegung sollte vermieden werden. Mittlerweile wurde diese Meinung revidiert. Bewegung kann dazu beitragen, dass die Schmerzen im Rücken gelindert werden. Die Muskeln im Rücken werden stabiler und belastbarer, die Schmerzen können reduziert werden. Gerade für eine langfristige Verbesserung ist Bewegung ein probates Mittel. Zudem kann der Arzt eine Orthese oder Bandage verschreiben, die den Rücken entlastet und unterstützt. So wird ein Lebensstil mit viel Bewegung möglich. Dabei ist der Unterschied zwischen Bandage und Orthese oft nicht klar abzugrenzen, allerdings ist diese Abgrenzung für den Behandlungserfolg auch nicht nötig.
Orthesen und Bandagen unterstützen und stabilisieren den Rücken. Darüber hinaus wird mit gezieltem Druck sogenannter Pelotten, einer Art Silikonpad, die Durchblutung gefördert. Dadurch werden Muskelverspannungen, die beispielsweise durch Fehlhaltungen oder psychische Probleme auftreten können, abgebaut. Orthesen und Bandagen können hier effektiv Symptome angehen und die Schmerzen lindern. Da es sich hierbei um medizinische Hilfsmittel handelt, die im Hilfsmittelverzeichnis der gesetzlichen Krankenkassen gelistet sind, kann bei einer Verschreibung durch den Arzt die Krankenkasse die Kosten übernehmen.
Bei akuten Schmerzen ist es verlockend, Schmerzmittel oder Muskelrelaxantien einzunehmen. Viele Menschen haben jedoch täglich Rückenschmerzen, diese dürfen nicht eigenständig mit Medikamenten behandelt werden. Es besteht bei Medikamenten immer die Gefahr von Neben- oder Wechselwirkungen. Viele Medikamente greifen bei häufiger Einnahme auch die Organe an, weswegen sie niemals längere Zeit ohne ärztliche Rücksprache eingenommen werden sollten. Des Weiteren werden die Symptome nicht effektiv angegangen, sondern lediglich der Schmerz unterdrückt. Da Schmerzen ein Signal des Körpers sind, dass etwas nicht in Ordnung ist, sollte hier mit Vorsicht gehandelt werden. Besser ist es, einen Arzt aufzusuchen, um die Ursache der Schmerzen zu finden und eine an die eigenen Bedürfnisse angepasste und möglichst nebenwirkungsfreie Therapie zu entwickeln.
Lumbamed Basic Sand | Quelle: medi
In seltenen Fällen rät der Arzt zu einer Operation. Diese Behandlung ist abhängig vom Krankheitsbild und kann nicht pauschalisiert werden. So kann beispielsweise ein Bandscheibenvorfall meist konservativ behandelt werden. In einigen wenigen Fällen ist eine Operation jedoch nicht vermeidbar, unter anderem, wenn die Gefahr von verletzten Nerven besteht.
Viele Ärzte empfehlen zunächst eine Mischung aus Schmerzlinderung und Bewegung oder eine andere passende Therapieform, bevor zu einer Operation geraten wird. Wird zu einer Operation an der Wirbelsäule geraten, sollte, insofern kein Notfall vorliegt, auch eine Zweitmeinung eingeholt werden. In vielen Fällen sind Operationen nicht zwingend notwendig. Kommt es doch zu einer Operation, kann der Arzt verschiedene Hilfsmittel verschreiben, um die Heilung zu unterstützen.
Die meisten Menschen haben bereits Erfahrungen mit Rückenschmerzen gemacht. Pflegende Angehörige sind jedoch häufiger davon betroffen. Auch die gepflegten Menschen bleiben oft nicht davon verschont.
Liegt eine Pflegebedürftigkeit vor, dann mangelt es der Person meist auch an Möglichkeiten zur Bewegung. Aufgrund der körperlichen oder psychischen Beeinträchtigung kann Sport oft nur eingeschränkt oder gar nicht in den Alltag integriert werden. Die Folge davon ist unter anderem eine geschwächte Rückenmuskulatur, die zu Schmerzen führen kann.
In anderen Fällen liegt eine Erkrankung vor, die für die Pflegebedürftigkeit verantwortlich ist. Bestimmte Erkrankungen wie Arthrose können Rückenschmerzen begünstigen. In vielen Fällen hilft es, wenn der Rücken stabilisiert oder die Muskulatur gestützt wird.
Viele pflegende Angehörige leiden unter Rückenschmerzen. Es ist davon auszugehen, dass der Anteil deutlich höher ist als bei der Gesamtbevölkerung. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass die Pflege sehr fordernd ist. Der Körper wird weit mehr belastet als in anderen Alltagssituationen. Noch dazu kann diese Belastung schlecht vermieden werden: Die Pflegebedürftigkeit des Angehörigen nimmt leider keine Rücksicht auf Schmerzen, sondern bleibt bestehen und kann nicht aufgeschoben werden. Unterstützungen wie Kurzzeitpflege gibt es oft nur begrenzt, ambulante Pflegedienste sind häufig ausgebucht.
So müssen Angehörige mehrfach täglich anstrengende Aufgaben wie das Umsetzen einer Person in den Rollstuhl oder bei Bettlägerigkeit das Umbetten übernehmen. Hier muss große Kraft aufgewendet werden. Nicht immer sind rückenschonende Haltungen möglich. Entweder, weil die äußeren Umstände es nicht zulassen oder weil vielleicht auch einmal schnell gehandelt werden muss, sodass keine Zeit für die richtige und rückenschonende Positionierung bleibt. Das kann zu einer übermäßigen Belastung des Rückens führen. Die Folgen sind: häufig Rückenschmerzen, besonders im unteren Rücken.
Dazu kommt eine immense psychische Belastung. Depressionen sind unter pflegenden Angehörigen ebenfalls häufiger anzutreffen als bei nicht pflegenden Personen. Zusätzlich zu den „klassischen“ Problemen, die eine Depression mit sich bringen kann, wie Antriebslosigkeit, führen psychische Erkrankungen auch oft zu körperlichen Problemen. Eine mögliche Folge sind schmerzhafte Muskelverspannungen. Auch wenn die Schmerzen in solchen Fällen durch beispielsweise Schmerzmittel behandelt werden können, sollten Sie sich beim Verdacht auf eine psychische Erkrankung zusätzliche professionelle Hilfe holen.
In vielen Fällen können Bandagen und Orthesen die Schmerzen reduzieren. Wird vom Arzt ein Rezept ausgestellt, entstehen Ihnen abgesehen von der Zuzahlung von maximal 10€ in der Regel keine weiteren Kosten. Bei dieser Art der Versorgung bekommen Sie das sogenannte "Kassenmodell". Möchten Sie lieber eine andere Bandage oder Orthese nutzen, dann müssen Sie die Differenz zum Kassenmodell privat zahlen.
Bandagen und Orthesen helfen auf verschiedene Weise. Beispielsweise stützen sie die Lendenwirbelsäule und fördern den Abbau von Muskelverspannungen. So können Schmerzen effektiv gelindert werden.
Lumbamed Basic | Quelle: Medi
Wurde über die Behandlung mit einer Orthese oder Bandage entschieden, bekommen Sie eine entsprechende Verordnung. Achten Sie jedoch darauf, dass dieses auch zu Ihrer Situation passt. Es gibt große Unterschiede, was Material und Komfort angeht. So muss beachtet werden, dass Bandagen und Orthesen oft den ganzen Tag getragen werden. Bestimmte Materialien können hier gerade an heißen Tagen unangenehm werden. Wichtig ist unter anderem, dass das Material atmungsaktiv ist. Aber auch an das Tragen an sich sollte gedacht werden. So sind einige Modelle eventuell beim Sitzen unbequem. Achten Sie darauf, dass Ihre neue Orthese oder Bandage in allen Situationen Ihrem Lebensstil gerecht wird. Legen Sie zudem ein Augenmerk auf bestimmte Merkmale, die Ihnen das Leben einfacher machen. Beispielsweise kann eine Knickfalte das Sitzen angenehmer gestalten. Zusätzlich zum Tragekomfort sollten Sie auch das Handling berücksichtigen. So muss etwa darauf geachtet werden, dass die Orthese oder Bandage gut an– und ausgezogen werden kann. Handschlaufen und Daumenlaschen erleichtern hierbei die Handhabung.
Auch die Individualität sollte nicht zu kurz kommen. Die meisten Menschen tragen Hilfsmittel lieber, wenn ihnen das Design und die Farbe gefällt. Deswegen werden mittlerweile auch Modelle in modischen Farben angeboten.
Überlegen Sie darüber hinaus, in welchen Situationen die Orthese oder Bandage getragen werden soll. Machen Sie viel Sport? Dann benötigen Sie gegebenenfalls ein anderes Modell als jemand, der den ganzen Tag im Sitzen verbringt. Lassen Sie sich von Ihrem Sanitätshaus beraten. Dort werden Ihnen die einzelnen Vor- und Nachteile erklärt.
Das hängt von der Ursache der Schmerzen ab. Der Arzt behandelt entweder die Ursache, beispielsweise bei Verletzungen oder Erkrankungen oder die Symptome, wenn die Ursache unklar oder nicht behandelbar ist.
Bei spezifischen Rückenschmerzen gibt es eine klare Ursache, oft eine Verletzung oder eine Krankheit.
Bei unspezifischen Rückenschmerzen gibt es keine klar erkennbare Ursache. Oft handelt es sich um psychosomatisch bedingte Schmerzen, aber auch ein unergonomischer Arbeitsplatz kann dazu führen. Diese Ursachen sind für Ärzte schwierig zu erkennen.
Das hängt von der Ursache ab. Werden Bandagen und Orthesen richtig eingesetzt, können sie durchaus zur Schmerzlinderung beitragen, da sie jedoch nicht zwingend an der Ursache ansetzen kommt es auf den konkreten Fall an.
Die Behandlung übernimmt immer der Arzt. Er wird die Therapie an Sie und Ihre Situation anpassen. Auch wenn es verlockend erscheint, Rückenschmerzen eigenständig zu behandeln, sollte ein Arzt konsultiert werden.
Der Unterschied ist im Wesentlichen ein bürokratischer, beispielsweise, wenn es um die Abrechnung der Hilfsmittel geht. Für den Nutzer ist der Unterschied jedoch nicht relevant. Beide Hilfsmittel können bei Schmerzen im unteren Rücken helfen.
Pflegende Angehörige übernehmen eine verantwortungsvolle und schwierige Aufgabe. Die Pflege fordert körperlich und psychisch. Durch falsche Haltungen, Überbelastungen und psychische Probleme werden Rückenschmerzen begünstigt. Leider haben pflegende Angehörige für alle diese Faktoren ein erhöhtes Risiko.
Techniker Krankenkasse - Operationen am Rücken (letzter Zugriff 8.11.2021)
Techniker Krankenkasse - Ursache Rückenschmerzen (letzter Zugriff 8.11.2021)
Barmer - Pflegende Angehörige (letzter Zugriff 8.11.2021)
Pflegeunterstützung Berlin (letzter Zugriff 8.11.2021)
Neurologen und Psychiater im Netz (letzter Zugriff 8.11.2021)
Statistisches Bundesamt (letzter Zugriff 8.11.2021)
AOK - Schmerzmittel (letzter Zugriff 8.11.2021)
Prof. Dr. Martin Przewloka hat im eigenen familiären Umfeld umfangreiche Erfahrungen mit dem Thema Pflege gesammelt und teilt sein Wissen über verschiedene Kanäle mit anderen pflegenden Angehörigen. Durch seinen Universitätsabschluss in Medizinischer Physik (Universität Kaiserslautern) versteht er zudem die gesundheitlichen Hintergründe der unterschiedlichen Erkrankungen und kann sich in die Lage der Pflegebedürftigen hineinversetzen.